Heute aus der Reihe „Lustige Abenteuer mit Seitan und Jörg“: Veganer Leberkäse. Aus Seitan, Tofu und jeder Menge Gewürzen. Plant-based-LKW, here we come!
Der Leberkäse ist an sich ein hervorragendes Beispiel dafür, wie der Verbraucherschutz, ein ja eigentlich mehr als begrüßenswertes Organ in der Gesellschaft, in Deutschland tickt – ein Thema, welches gerade Veganer in den letzten Jahren immer mal wieder zum Haare raufen gebracht hat. Du weißt schon, es geht um die Debatte, ob man vegane Wurst überhaupt Wurst nennen darf. Es könnte ja jemand versehentlich danebengreifen, hätte dann die pflanzliche Alternativwurst im Einkaufswagen und das geht ja nicht und so weiter.
Etymologisch hat der Leberkäse eigentlich nämlich überhaupt nichts mit dem Organ zu tun, welches zu regulären Oktoberfest-Zeiten etwas mehr zu tun hat. Der „Kas“ steht im bayrischen Dialekt für irgendeine mehr oder weniger definierbare Masse, die „Leber“ wird vom Wort „Laib“ abgeleitet, also eben von der Form, die man der Masse aufzwingt. Sprachgeschichtlich ist ein Leberkäs’ also erst mal ein „Massenlaib“, könnte somit sehr vieles sein – auch, oder in unserem Fall eben vor allem etwas veganes.
Aber na ja, es gab da über die Jahrhunderte der sprachlichen Entwicklung wohl die ein oder andere Verwirrung an der Wursttheke und somit wurde im Rahmen des „Verbraucherschutzes vor Irreführung“ beschlossen, dass ein Leberkäse auch Leber enthalten müsse … sofern er nicht als bairischer Leberkäse betitelt wird, die Bayern hatten eben unschlagbare dialektbasierte Argumente, siehe oben.
Wie auch immer, als „Exil-Bayern“ in Baden-Württemberg widersetzen wir uns der Regelung ebenfalls und tischen dir heute sozusagen unseren veganen bayrischen Leberkäse, den wir für alle Saupreiß’n auch gerne übersetzen: Es kommt veganer Fleischkäse auf den Tisch. Natürlich in dicke Scheiben geschnitten, mit etwas Senf bestrichen – mittelscharfer könnte in München übrigens zum Polizeieinsatz führen – und zwischen zwei Semmelhälften geklemmt. Gibt es eine bessere Definition für den Begriff „Handfest“? Ich glaube nicht.

Unser veganer Leberkäse – so wird er gemacht
Die Basis für unseren veganen Fleischkäse besteht, wie auch bei den meisten unserer veganen Wurstrezepte – ja, der Leberkäs’ ist eigentlich eine Wurstart – aus einer Basis aus Seitan-Fix, also Glutenpulver und Tofu. Das richtige Mischungsverhältnis aus beidem sorgt für einen ordentlichen, aber dennoch zarten Biss, da der vorher fein pürierte Tofu die festen Glutenverbindungen des Seitans auflockert und somit das Endergebnis weniger elastisch oder eben „gummiartig“ macht.
Das eigentlich wichtigste am veganen Leberkäse? Die Gewürzmischung! Hier können sich geneigte „Vetzger“ austoben, klassisch ist jedoch eine Zusammenstellung aus relativ typischen Wurstgewürzen. Piment, Muskatblüte oder Macis, Koriandersamen, weißer Pfeffer und pulverisierte Zwiebel und Knoblauch bilden die Basis. Salz darf natürlich nicht fehlen und Zitronensäure simuliert den leicht aggressiven, säuerlichen Geschmack, der im Original durch das Pökelsalz entsteht und den wir durch etwas Dextrose oder Traubenzucker neutralisieren.
Der Tofu wird zusammen mit Rote-Bete-Pulver für die Farbe, Hefeextrakt für den fleischigen Geschmack, Wasser und neutralem Öl fein püriert.

Guarkernmehl als Bindemittel und die Gewürzmischung wird jetzt gleichmäßig unter das Seitan Fix gemischt, dann kommt die Tofumasse dazu und dann wird das Ganze vermengt, bis ein gleichmäßiges „Brät“ entsteht. Am einfachsten geht das in der Küchenmaschine mit einem Flachrührer. Unsere vegane Fleischkäsemasse kommt jetzt in eine leicht eingeölte, nicht zu große Form – ich verwende dazu kleine Kastenformen. Dabei achte ich darauf, dass keine Lufteinschlüsse entstehen und streiche die Oberfläche zum Schluss mit einem leicht befeuchteten Spatel glatt. Im Anschluss wird der vegane Fleischkäse für 45 Minuten gedämpft. Theoretisch kannst du den veganen Leberkäse nach einer kurzen Ruhephase bereits anschneiden, leckerer wird er jedoch, wenn du ihn kurz bei hoher Oberhitze bäckst.
So, jetzt sei mal ganz ehrlich. Greifst du für deinen ersten veganen Leberkäswecken mit ABS (a bissle Senf!) zur Laugensemmel oder geht für dich nur eine Kaisersemmel?

Kann ich den veganen Leberkäse auch…
- …nur im Backofen zubereiten? Nein, der Teig trocknet beim reinen Backen zu stark aus.
- …im Backofen mit Dampffunktion zubereiten? Das sieht natürlich anders aus. Wir haben leider keinen Dampfbackofen, allerdings sollte das funktionieren.
- …in größeren Mengen zubereiten? Leider funktioniert der vegane Leberkäse in der großen Kastenform nur so halboptimal. Die Garzeit im Dampf verlängert sich um mindestens das Doppelte und auch dann hatte ich Probleme mit einem etwas zu rohen „Kern“ im Inneren. Aber hey, Mini-Leberkäse haben doch auch was für sich, oder?
Update vom 01.10.2021: Nach den ersten Rückmeldungen von LeserInnen und einem gemeinsamen Brainstorming habe ich das Rezept nochmal etwas angepasst. Ursprünglich war Kokosöl im Teig, welches beim Abkühlen und Aushärten das Innere leider etwas bröselig macht. Außerdem wurde die Flüssigkeitsmenge leicht angepasst und es kam eine Prise Guarkernmehl als zusätzliches Bindemittel dazu.
Veganer Leberkäse aus Seitan und Tofu
Für die Gewürzmischung
- 8 g Salz
- ¾ TL Piment
- ¾ TL weißer Pfeffer
- ½ TL Koriandersamen
- ½ TL Muskatblüte
- 1 TL Knoblauchpulver
- 1 TL Zwiebelpulver
- ¾ TL Zitronensäure
- ½ TL Dextrose
Für das „Brät“
- 150 g Tofu
- 30 g Rapsöl oder Sonnenblumenöl
- 10 g Rote Bete Pulver
- 2 TL Hefeextrakt
- 190 ml Wasser
- 160 g Seitan-Fix
- 1/4 TL Guarkernmehl
Außerdem
- 1 TL neutrales Öl
- Für die Gewürzmischung alle Gewürze in einen Mörser geben und fein mörsern. Bis zur weiteren Verwendung beiseitestellen.
- Tofu, Öl, Rote-Bete-Pulver, Hefeextrakt und Wasser fein pürieren.
- Seitan Fix mit Guarkernmehl und Gewürzmischung vermengen, Tofumasse dazugeben und gut vermischen, dabei aber nicht zu stark kneten. Der Teig sollte sehr weich sein und sich leicht anfühlen. Ist er zu fest, vorsichtig mehr Wasser unterheben.
- Brät in eine hitzebeständige, leicht eingeölte Form mit den Zirkamaßen 15 x 8 cm geben, dabei darauf achten, dass sich möglichst keine Lufteinschlüsse bilden. In einen Dämpfaufsatz oder -einsatz geben und bei mittlerer Hitze 45 Minuten dämpfen.
- Vor dem Servieren Backofen auf 200 °C Oberhitze vorheizen, Oberfläche des veganen Leberkäses mit Öl einstreichen und 10-15 Minuten überbacken.
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137 Kommentare
Das sieht wieder so lecker und gelungen aus, ihr seid einfach einer der Besten vegan Blogger!
Viele vielen dank für alles,
Liebe Grüße,
Jesse-Gabriel
Danke dir vielmals! 🙂
Ich hab das jetzt gestern bis heute mal gebastelt, und eine Frage zum Ablauf. Als Kokosfett habe ich Palmin genommen, und da das sehr fest ist, vorher in der Mikrowelle geschmolzen. Dann war nur kurz überraschend, als ich alles mit dem Pürierstab verarbeitet habe, dass plötzlich eine „körnige Substanz“ oben auf der Flüssigkeit war; logischerweise die Kombination des Kokosfetts mit sehr kaltem Wasser 😉 Muss das Wasser tatsächlich so kalt sein? Was bringt das?
Die Endkonsistenz war dadurch vermutlich auch eher körnig als glatt, ich muss das nochmal anders versuchen 😉
Hey Lars,
ich habe Kokosöl aus dem Glas bei Zimmertemperatur direkt mit in den Mixer gegeben und erst gar nicht geschmolzen, aber du hast natürlich recht, Palmin ist relativ fest, das könnte trotz Hochleistungsmixer grisselig werden.
Das kalte Wasser hat zwei Gründe: Gluten nimmt kalte Feuchtigkeit langsamer auf, als warme und die Temperatur verlangsamt die Bildung der Glutenstränge. In der Theorie sorgt das für einen weniger „gummiartigen“ Biss. Allerdings stimmt es natürlich, dass ein geschmolzenes, warmes Kokosöl daraus empfindlich reagiert.
Danke für den Hinweis, jetzt habe ich doch direkt eine „Ausrede“ für einen weiteren Leberkäse-Test. 😅
Liebe Grüße
Jörg
So, der nächste Leberkäse-Test war ein voller Erfolg. Ich habe das Kokosöl nun doch ersetzt und dafür etwas Guarkernmehl als zusätzliches Bindemittel dazugegeben. Funktioniert einwandfrei und wir umgehen das Problem mit dem schnell aushärtenden Kokosöl. 👌
cool, dann muss ich nochmal testen… mit dem jetzigen konnte ich nicht allzuviele Fans gewinnen, ich werd auch die Säure etwas reduzieren, ich fand den zu sauer
Hallo Jörg!
Dies ist nicht das erste Rezept von euch, was ich ausprobiere, beispielsweise: zwei Weihnachtsklassiker bei mir sind eure Bratensoße und das Käsefondue, die bei der ganzen Familie enorm großen Anklang finden 🙂 Als Leberkäs hab ich bisher einfach eine Scheibe Räuchertofu in Teriyakisauce mariniert und angebraten 😂 daher habe ich mich sehr über dieses Rezept gefreut und es direkt ausprobiert!
Bei diesem Leberkäs ist mir aber wohl ein Missgeschick passiert: meine Seitanmasse hält keineswegs so schön zusammen wie die auf euren Fotos, und sie ist auch nicht so glatt geworden 🤔 sie ist eher leicht bröckelig, aber zumindest so fest, dass man Scheiben abschneiden kann. Meine Tofu-Beete-Masse war aber sehr glatt püriert, an der glaube ich nicht, dass es liegt. Das Ganze hab ich mit dem Knethaken meiner Küchenmaschine etwa 5-6 Minuten bearbeitet, auch da ist mir schon aufgefallen, dass es weniger gut zusammenhält als normalerweise 🤔 das gibt mir irgendwie Rätsel auf, weißt du irgendeinen Rat? Im Notfall, wenn es nächstes Mal auch nicht zusammenhält, kann ich dann einfach etwas Geliermittel wie Carrageen reingeben?
Vielen Dank für eure Arbeit und die leckeren Rezepte!
Cora
Hi Cora!
Ich habe das Rezept am 1.10. nach einer Unterhaltung mit einem anderen Leser nochmal angepasst. Jetzt kommt kein Kokosöl mehr hinein, welches beim Abkühlen fest wurde und vermutlich zur krümeligen Konsistenz geführt hat.
Liebe Grüße
Jörg
Wow, genau so ein Rezept habe ich schon lange gesucht!!
Die Zutaten werden bald bestellt und dann wird ausprobiert. Optisch auf alle Fälle schon der wahnsinn 🙂
Ganz traue ich mich aber nicht übers Dampfen… haha eine Sache über die ich mich nie traue.
Aber vl mit meinem Thermomix im Veroma. Da sollte auch genug Platz sein und das Ergebniss eig gleich… Haltet mir die Daumen 😀
Wow! Optisch echt beeindruckend!
Vielen Dank!
Vielen Dank für das tolle Rezept, das möchte sehr gerne ausprobieren! Ich scheue immer etwas davon ab, Zutaten zu kaufen, die ich nicht so schnell aufbrauchen werde.
Daher 3 Fragen:
Kann ich Hefeextrakt durch Hefeflocken ersetzen?
Ist das Kokosöl wichtig aufgrund der Aushärtung oder kann es durch beliebiges neutrales Öl ersetzt werden (oder auch Alsan?) ?
Geht statt Dextrose auch andere Süße?
Ich freue mich eure Antwort zu lesen um bald meinen ersten eigenen “Massenlaib” herzustellen und bedanke mich im Voraus für eure Mühe:)
Macht weiter so!
Tausend Dank erstmal für das Feedback!
Wir verstehen es schon, dass LeserInnen teils ungern neue Zutaten einkaufen, aber es ist eben auch so, dass wir Rezepte so zusammenstellen, wie sie funktionieren. Das Problem ist halt, dass wir dabei nicht jede andere Kombination testen können oder auch wollen und müssen da um Verständnis bitten.
Hefeextrakt schmeckt eben intensiv, malzig und „fleischig“, Hefeflocken „käsig“. Kokosöl härtet aus und schmeckt neutral, Alsan nicht. Dextrose schmeckt ebenfalls neutral und löst sich super im Teig auf, andere Süßungsmittel nicht. Du kannst alles versuchen zu ersetzen, schlussendlich wird das Ergebnis aber sicherlich ein anderes. 🙂
Liebe Grüße
Jörg
Hallo liebe Gurus (für meine vegane Kocherei)
Auf dem Bild ist aber kein süßer Senf – oder? Ich kenne den bloß körnig, nicht so glatt pastig? Der angeheftte Polizeiartikel ist witzig.
LG
Ursel
Nein, das ist kein süßer Senf, wir könnten in München also Probleme bekommen. 😉
Hallo und Danke für das spannende Rezept.
Allerdings habe ich keine Küchenmaschine mit Flachrührer. Funktioniert dies auch in einem Standmixer, wie dem Vitamix?
Danke und viele Grüße,
Sascha
Hi Sascha,
nein, ein Vitamix oder auch andere Blender schneiden das Zeug ja, was du oben reinkippst, hier soll ja geknetet werden.
Liebe Grüße
Jörg
Das sieht mal lecker aus – muss ich am WE gleich mal probieren.
Eine Frage hätte ich: haben Dextrose und Zitronensäure irgendeine Funktion, außer die geschmackliche? Könnte man die beiden z.B. durch etwas Reissirup und Zitronensaft ersetzen?
Sowohl Zitronensäure als auch Dextrose haben den Vorteil, dass sie sehr neutral eben sauer und süß schmecken und sich schnell auflösen. Zitronensaft bringt das typische Zitronenaroma mit ins Rezept, welches du im Regelfall nicht willst, Reissirup hat eben auch ein eigenes Aroma.
Der sieht richtig lecker aus! Ich komme aus dem Süden und seit dem ich vegan lebe, suche ich einen guten Leberkäs-Ersatz. 😊
Hefeextrakt hätte ich fast mit Hefeflocken verwechselt. Kann man das auch im Supermarkt bekommen?
Im gut sortierten Supermarkt könntest du Marmite finden, ja. 🙂