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Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art
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Machen wir uns nichts vor, beim Thema Schnitzel werden alle hellhörig. Auch Veganer, obwohl die Fertigteile aus dem Kühlregal meist eher durch ihre mikroskopisch kleinen Ausmaße auffallen. Deshalb gibt es heute die Profi-Version, unser tellerfüllendes veganes Seitan-Schnitzel auf Wiener Art.

Ich tippe darauf, dass Schnitzel zu den allerersten der sogenannten „Fleischersatzprodukten“ gehört haben. Zumindest hier im westeuropäischen Schnitzel-Bermuda-Dreieck. Selbst als Nadine und ich 2006 vegan wurden und auch bereits in den Vegetarierzeiten zuvor gab es diese schon im Bioladen und Reformhaus. Ist auch kein Wunder, solange die Panade einigermaßen schick aus der Verpackung lugt, kann man darin beinahe einhüllen, was man will, appetitlich aussehen tut’s allemal.

Ich rede jetzt allerdings nicht von klitzekleinen Fertig-Schnitzel-Alternativen aus dem Kühlregal, die – sind wir mal ehrlich – mindestens in Bezug auf die Portionsgröße und häufig auch optisch immer noch gegen das „echte“ ganz schön abstinken. Heute geht es um die absolute Profi-Version, das perfekte, den ganzen Teller ausfüllende vegane Seitan-Schnitzel Wiener Art.

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

Warum nur „Wiener Art“? Das Schnitzel an sich beziehungsweise der Name stammt zwar vom mittelhochdeutschen Wort „sniz“ ab, welches einfach nur „Schnitt“ bedeutet, berühmt wurde es jedoch selbstverständlich im 19. Jahrhundert als „Wiener Schnitzel“, zu dessen Geschichte es leider kaum konkrete Informationen gibt. Es wird zwar vermutet, dass das italienische Cotoletta alla milanese Pate stand für das Nationalgericht Österreichs und auch weltweit vermutlich berühmtesten Export – sieht man mal von Falco (oder dem Typen mit dem blöden Schnurrbart, der in den 1930ern beinahe die ganze Welt in Schutt und Asche gelegt hat) ab. Richtig belegbar ist das allerdings nicht. Wie auch immer, die Wiener und ihre Landsleute sind sehr stolz auf ihr Schnitzel und somit darf zumindest nach österreichischen und deutschen Lebensmittelrichtilinien kein Schnitzel als „Wiener Schnitzel“ bezeichnet werden, welches nicht aus Kalbsfleisch besteht und sich auch sonst an ein paar Regeln hält. Und da wir das Kalb in Ruhe lassen, sind wir damit natürlich raus aus dem exklusiven Club.

Was wir (vermutlich zumindest und ich habe schon wieder ein österreichisches bisserl Schiss vor einem Anwaltsschreiben) dürfen: Es als „Wiener Art“ bezeichnen. Wir halten uns schließlich, soweit es geht, an das Reglement, wie wir es einfach gerne tun, wenn es darum geht, Klassiker zu veganisieren.

Glücklicherweise verlangt uns so ein veganes Schnitzel nach Wiener Art gar nicht so viel ab, auch wenn ein doch so einfach scheinendes Gericht hier und da ein paar Fallstricke in die Küche legt. „Wiener Schnitzel“ stehen eben auch aus handwerklicher Sicht nicht ganz umsonst auch auf Karten von Sternerestaurants.

Aber keine Panik, mit der richtigen Anleitung zauberst du ein perfektes veganes Seitan-Schnitzel aus der Pfanne, das sich das Prädikat Wiener Art redlich verdient hat, auch wenn mit der Aussage sicher am Watschnbaum der Autoren des Wiener Schnitzel Love Books rüttle. Und diese folgt … jetzt.

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

Die zarte Seitan-Basis

Beim Seitan selbst drehen wir gar nicht großartig durch. Wir verwenden ein recht einfaches Basisrezept aus Seitan Fix und Kichererbsenmehl, würzen mit Vorrats-Basics wie Zwiebel- und Knoblauchpulver, veganer Worcestershiresauce, Apfelessig, Liquid Smoke, etwas Salz und Hefeflocken (oder Glutamat für den „fleischigen“ Geschmack, falls du unseren ausführlichen Beitrag zu MSG bereits gelesen und die Angst vor dem Zauberpulver verloren hast) und dämpfen die auf etwa fünf Millimeter Dicke und einen eines Schnitzel würdigen Durchmesser ausgerollten Scheiben im Anschluss für ein paar Minuten. Den Schnitzelklopfer, den du vielleicht noch aus vorveganen Zeiten in der Schublade liegen hast, kannst du zwar aus Gewohnheit mal über die Schnitzel prügeln, einfacher geht’s aber mit dem Nudelholz. Da wir recht viel Flüssigkeit und etwas Öl zum Teig geben, sollte das Formen ohnehin recht einfach sein, mag der Seitan doch nicht so recht, lassen wir ihn einfach 10 Minuten auf dem Schneidebrett bei Zimmertemperatur entspannen.

Seitan

Die perfekte vegane Panade

Während unsere Seitan-Schnitzel dämpfen und im Anschluss etwas abkühlen, kümmern wir uns um die Panade und gerade darum wird in Schnitzel-Profi-Kreisen zumindest ein kleines Fässchen aufgemacht und Schnitzel-Ultras werden völlig rabiat. Die „Panier“, wie sie bei unseren südlichen Nachbarn heißt, sollte selbstverständlich knusprig sein. Nicht zu dick und sie sollte „soufflieren“, sich also von der gesamten Fläche des Schnitzels ablösen, im Idealfall sogar wellenartig.

Das Soufflieren – und da möchte ich ehrlich sein – ist bei unserem veganen Seitan-Schnitzel ohne monströs und damit wenig praktikabel zu tricksen etwas schwierig, was schlicht und ergreifend daran liegt, dass sich die Proteine im Ei, welches normalerweise in die Panade kommt, schnell stabil festigen und damit den Dampf einschließen, der die Semmelbröselkruste vom Inneren löst.

Dennoch sind Ei-Ersatzprodukte in den letzten Jahren immer besser geworden und auch gut erhältlich, weshalb wir darauf zurückgreifen, anstelle uns mit Sojamehl, Geliermitteln und Kala Namak selbst eines zusammenzurühren.

Und damit kommen wir zu unserer Panierstation. In drei große Teller oder Schalen füllen wir getrennt voneinander Mehl (am besten griffiges, wie beispielsweise Spätzlemehl), den Ei-Ersatz, den wir mit Wasser und einem guten Schuss Hafersahne anrühren und Semmelbröseln. Welchen Semmelbröseln? Am besten nicht mit denen aus dem Super- oder Biomarktregal, die sind für ein perfektes Schnitzel in der Regel zu fein. Schau beim Bäcker um die Ecke vorbei, vermutlich hat er aus übrig gebliebenen Semmeln und Weißbrot hergestellte, etwas gröbere Brösel da, die auch noch besser schmecken.

Die Seitan-Schnitzel benetzen wir jetzt mit Wasser, was beim Garen für mehr Dampf und damit die bessere Chance sorgt, dass sich unsere Panade doch vom Seitan trennt, dann wird kräftig mit Salz gewürzt und im Mehl im ersten Teller gewendet. Überschüssiges Mehl wird leicht abgeklopft, dann gibt’s das Tauchbad im zweiten Teller mit dem Ei-Ersatz und nachdem du diesen auch etwas hast abtropfen lassen, geht’s ab in den dritten Teller mit den Semmelbröseln.

Ach, deine Finger sind besser paniert, als das Schnitzel? Der Profi nimmt eine Hand für die trockenen Komponenten der Panierung, die andere für die nassen Angelegenheiten.

Die Semmelbrösel solltest du übrigens unter keinen Umständen mit Gewalt ans Schnitzel pressen. Leicht andrücken ist okay, eine gleichmäßige Hülle erhältst du aber einfacher, indem du die Semmelbrösel von den Seiten über das Schnitzel „schaufelst“.

Die fertig panierten Exemplare legst du jetzt beiseite, was der perfekte Moment ist, um dir ans Herz zu legen, eine Ladung direkt auf Vorrat vorzubereiten. An genau dieser Stelle kannst du die Teile nämlich easy-peasy einfrieren und hast auch bei akutestem Hunger auf den perfekten veganen Schnitzelsemmel die DIY-Convenience-Lösung im Tiefkühlfach.

Aussabochn bitte

Ein ordentliches Schnitzel, ob nun Wiener oder Wiener Art, ob Cordon Bleu oder das japanischen Tonkatsu – es sollte einfach schwimmend aussabochn werden. Also quasi frittiert.

Ich sehe schon massenweise Augenbrauen hochgehen. Ja, Frittieren ist immer noch eine Zubereitungsart, die vielen Heimköchen eine Heidenangst einjagt und gesund ist’s auch nicht. Ich sag’ dir was, auch wenn die Panade bei richtiger Zubereitung weitaus weniger Fett aufnimmt, als du vermutlich denkst, auch ein veganes Schnitzel ist per Definition selten wirklich gesund, wir reden hier von Comfort Food.

Und trotzdem kann ich dich beruhigen. Die Schnitzel lassen sich auch gut im Backofen oder – noch besser – im Airfryer zubereiten, auch wenn jetzt besagte Schnitzel-Ultras sicher die Messer wetzen. Aber dazu gleich mehr.

In eine möglichst hohe Pfanne oder einen Bräter kommt so viel Bratöl, dass die Seitan-Schnitzel darin schwimmen können. Wir verwenden dazu gerne Rapsöl mit Buttergeschmack (ein echtes Wiener Schnitzel wird in Butterschmalz ausgebacken) und keine Sorge, wie auch schon im Rezept für unsere veganen Krapfen beschrieben, kann das Öl mehrfach wiederverwendet werden.

Das Öl wird auf 170 °C aufgeheizt, anschließend kommt je ein Schnitzel in die Pfanne. Profiköche halten jetzt durch vorsichtiges Rütteln an der Pfanne das Öl dauernd schwenkend in Bewegung und übergießen auch die Oberseite immer wieder mit dem heißen Fett. Das sorgt dafür, dass sich die Panade schnellstmöglich festigt und damit (hoffentlich) souffliert und vor allem, dass sie gleichmäßig bräunt. Während des Bratens wird das Seitan-Schnitzel mehrmals vorsichtig gewendet – vertraut man Experten mindestens viermal – und im Anschluss zum Abtropfen auf Küchenpapier gelegt.

Bei der Zubereitung im Ofen oder Airfryer muss das panierte Schnitzel zwangsläufig rundherum mit Öl besprüht oder vorsichtig eingepinselt werden, damit die Panade bräunt und die Semmelbrösel nicht austrocknen. Ein guter Teelöffel pro Schnitzel sollten es sein, gebacken wird dann etwa 12–15 Minuten bei 190 °C, wobei wir sie nach der Hälfte der Zeit einmal wenden.

That’s it! Wir servieren unsere veganen Seitan-Schnitzel Wiener Art gerne mit unseren Ofenpommes, Gurkensalat, Zitronenscheiben und vielleicht dem ein oder anderen Löffel Ketchup. Um beim Wiener Schmäh zu bleiben, mir sand halt Banausen, entschuldigen’s bitte

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

Für4 Schnitzel à 160 g

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

Vorbereitungszeit 30 Minuten
Zubereitungszeit 15 Minuten
Gesamtzeit 45 Minuten

Für die Panierung

Für die Schnitzel

  • Seitanfix mit den übrigen trockenen Zutaten vermengen. Die flüssigen Zutaten gut mit 270 ml Wasser verrühren. Flüssige Zutaten zu den trockenen geben und den Teig 3-4 Minuten gut verkneten. Kurz ruhen lassen, anschließend vierteln und die Schnitzel auf etwa 5-6 mm Dicke ausrollen.
  • Im Topf mit Dämpfaufsatz oder im Dampfbackofen bei 100 °C 15-20 Minuten dämpfen, bis die Schnitzel bissfest gegart sind. Im Dämpfaufsatz können die einzelnen Seitanstücke auch mit Backpapierstücken getrennt übereinandergeschichtet werden, die Garzeit verlängert sich dabei um etwa 5 Minuten. Anschließend leicht abkühlen lassen.

Panieren und braten

  • Ei-Ersatz gut mit Wasser und Hafersahne verrühren. Panierstation vorbereiten. Dazu drei Teller vorbereiten. Den ersten mit Mehl füllen, den zweiten mit dem Ei-Ersatz, den dritten mit Paniermehl.
  • Schnitzel gut befeuchten, je mit ¼ TL Salz würzen. Zuerst im Mehl wenden, dann überschüssiges Mehl abschütteln, im Ei-Ersatz wenden und anschließend in den Semmelbröseln. Semmelbrösel nur leicht andrücken.
  • Rapsöl etwa 3 cm hoch in eine Pfanne mit möglichst hohem Rand geben. Auf 170 °C erhitzen (mit einem Küchenthermometer prüfen) und die Schnitzel darin nacheinander ca. 8 Minuten braten. Dabei die Pfanne häufig schwenken und die Schnitzel ca. alle 2 Minuten vorsichtig wenden. Anschließend auf Küchenpapier abtropfen lassen.

Zubereitung im Backofen oder Airfryer

  • Panierte Schnitzel mit je etwa 1 TL Rapsöl mit Buttergeschmack besprühen oder vorsichtig bepinseln. Anschließend bei 190 °C (Umluftmodus im Backofen) 12-15 Minuten backen. Nach der Hälfte der Zeit wenden.

Tipps

Nach dem Panieren können die Schnitzel eingefroren werden. Dann bei Zimmertemperatur auftauen lassen und weiter zubereiten, wie beschrieben.

Veganes Seitan-Schnitzel Wiener Art

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Die nerdige Hälfte von Eat this! Liebt es, auch aufwändiger zu kochen und ist deshalb vermutlich für die langen Rezepte auf dem Blog verantwortlich. Kann nie genügend Kochmesser haben und liebt Chilis in allen Formen und Farben. In der Freizeit sitzt er gerne auf dem Fahrrad und hört dabei Metal.


92 Kommentare

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  1. Hi ihr!
    ich habe eine eher werkzeugtechnische Frage:
    könnt ihr mir mal verraten, was für ein Dämpfutensil ihr für eure Seitanspäße verwendet? ich hab so nen Oma-Kartoffeldämpfer. bei den Schnitzeln musste ich die überlappend legen, da, wo sie sich berührt haben, wurde die Konsistenz nicht so klasse. beim Rollbraten musste ich ihn den Topf entlang „um die Kurve“ legen. beim Versuch, ihn hinterher dann wieder gerade zu biegen, wäre er mir dann an der Stelle gerissen. ich würde mir gerne zu Weihnachten passendes Werkzeug wünschen, daher wollte ich mal nach dem eurigen fragen.
    Liebe Grüße eines großen Fans, der wöchentlich was von euch nachkocht 🙂

    1. Hallo liebe Nadine,

      wir haben einen ganz schlichten Dämpfaufsatz für einen unserer größeren Töpfe (beides von Ikea, gibt es aber leider nicht mehr). Die Schnitzel müssen wir auch überlappend legen, die Konsistenz sollte sich nach dem Dämpfen aber eigentlich gut ausgleichen. Notfalls kannst du die Schnitzel nach einiger Zeit auch umschichten. Den Rollbraten formen wir einfach immer so, dass er der Länge nach gerade so in den Aufsatz passt.

      In Haushaltswarenläden oder bei Amazon findest du solche Teile aber auch in unterschiedlichen Durchmessern und von unterschiedlichen Herstellern. Hier z. B. auf die Schnelle einer von Zwilling (der ist allerdings etwas teurer).

      Liebe Grüße und tausend Dank für das tolle Feedback!
      Jörg

  2. Als geborener und, noch immer ansässiger, Wiener (man könnte auch „Stadtei“ sagen), stehe ich voll und ganz hinter dem Rezept und auch der richtigen Verwendung der Wiener Ausdrücke! Und deines „Schmähs“ (Witzes)!