Einfacher und schneller gemacht, als du Randschdoischloddzr buchstabieren kannst. Heute gibt es endlich das schwäbische Nationalgericht: vegane Spätzle!
Quatschen wir über den unbestrittenen, wirklich allerbesten internationalen Export der Schwaben. Nein, ich rede nicht vom Stuttgarter Autohersteller, der sich selbst Fleißsternchen auf die Kühlerhauben klebt und sich wohl deshalb denkt „Klimaverträgliche Innovationen im individuellen Personenverkehr? Donnerlittchen, so ein Quatsch! Lasst uns mal lieber teure, laute, stinkende Benzinsäufer für Personen, die in der Unterhose ein bisschen zu kurz gekommen sind, bauen und in der größten, quasi allumfassenden Krise seit dem Zweiten Weltkrieg nach Abfuckprämien verlangen. Hier ist schließlich Autoland!“
Nein, ich meine auch nicht die Schupfnudeln. Die folgen zwar ganz dicht auf Platz zwei, aber sind wir ehrlich, dem, ja, man kann sagen weltweiten Erfolg einer ganz bestimmten kulinarischen Innovation können die Bubaspitzle nicht das Wasser reichen: Den unvergleichlichen, den Schwaben heiliger als heiligen, den einzig wahren Spätzle!
Die Teigwaren, die so irgendwo zwischen Nudeln, Nocken und Klößchen zu klassifizieren wären, haben hierzulande quasi den Status eines Nationalgerichts und deshalb muss ich eigentlich aufpassen, was ich ab jetzt schreibe, denn das einzige, was schlimmer ist, als ein regulärer Shitstorm ist ein formidabler schwäbischer Shitstorm. Kein Dialekt kann so schimpfen, wie unserer!
Gucken wir uns also erst mal an, wo die Leibspeise der Menschen im Südwesten, die so lustig reden, überhaupt herkommt. Spätzle waren und sind günstig. Mehl, Eier und – falls man sich spendabel fühlt – Salz zusammenpampen und damit die ganze Großfamilie satt bekommen? Das klingt ja schon nach der Grundlage unzähliger Witze über die urschwäbische Sparsamkeit, die darauf zurückzuführen ist, dass die Region, deren Grenze so ungefähr am Schwarzwald, Heilbronn im Norden, dem Lauf des Lechs im Osten und dem Bodensee im Süden verläuft, tatsächlich wenig fruchtbar und die Bevölkerung deshalb bis ins 20. Jahrhundert hinein eher ärmlich war.
Tatsächlich wurden die Spätzle ursprünglich aus vergleichsweise anspruchslosem Dinkel zubereitet – der wohl auch auf der schwäbischen Alb ganz gut wuchs – da dieser mit seinem hohen Klebereiweiß-Anteil auch dafür gesorgt hat, dass sich die Schwaben-Pasta in Notzeiten auch ohne Zugabe von Ei und nur mit Wasser zubereiten ließ. Vegane Spätzle sind also keine neue Erfindung, allerdings hat sich über die Sparvariante damals vermutlich niemand auch nur annähernd so gefreut, wie wir heute. Spätzle mit Soß’ zaubert uns Schwaben eben von Kindheitstagen an garantiert ein Lächeln ins Gesicht.
Woher der Begriff selbst kommt, ist nicht ganz klar. Ich gehe mal mit der etymologisch naheliegendsten These und behaupte, dass der Name der Lieblingsspeise der Schwaben auch vom Lieblingsvogel der Schwaben kommt: Den klitzekleinen Spatzen, die trotz ihrer Größe genauso laut und ausdauernd schimpfen können, wie sie selbst. Die Urform der Teigwaren ähnelte wohl ein bisschen den bereits erwähnten Schupfnudeln mit den spitz zulaufenden Enden und na ja, ich finde ja schon, dass man außerordentlich viel Fantasie braucht, um darin einen meckernden Spatzen zu erkennen, aber okay, es gibt ja auch Leute, die die Decke der sixtinischen Kapelle in einer einzigen Wolke ausmachen können.
Die Historie haben wir also mal wieder abgehakt, es geht an den Herd. Für unsere veganen Spätzle schreiben wir uns ein bisschen mehr auf die Einkaufsliste, aber keine Sorge, auch wir kommen mit Vorratsschrank-Standards aus. Und ich verspreche dir, sie sind auch schneller gemacht, als du dir womöglich vorstellst. Ich kriege die Nudel-Kloß-Nocken mittlerweile in knappen 7 Minuten hin. Und nein, das schreibe ich jetzt nicht, um massiv zu flexen (Anm. d. Red.: flexen bedeutet angeben. Ich ergänze das nur für meinen Vater, auf dessen sofortigen Anruf und die Bitte um eine Textanpassung ich mich sonst einstellen muss) und ich mache dabei auch keine Riesensauerei.
Der Cheatcode für unsere Alltagsspätzle lautet: SPÄTZLEHOBEL. Auf dem Playstation-Controller etwas kompliziert einzugeben, in der Küche bist du damit vom Spätzle-Godmode aber nur eine Schublade entfernt.
Klar, für puristische Schwaben-Omas kommt nur das Schaben vom Spätzlebrett infrage und die Ernsthaftigkeit, mit der diese Damen ihrem Brett huldigen lässt sich auch daran erkennen, dass in Spätzle-Fachkreisen alle nicht geschabten Spätzle (dazu zählen also auch die aus der Spätzlepresse) nicht besonders gender-neutral als „Faule-Weiber-Variante“ bezeichnet werden. Ich meine, wir stehen hier ja auf Handarbeit, auf handwerkliche Küchentraditionen. Und wir widmen uns der traditionellsten Art der Herstellung sicher mal zu einem möglicherweise festlicheren Anlass. Mir ist es aber völlig egal, ob ich als „faules Weib“ bezeichnet werde, wenn ich bei akutestem Appetit auch schnell in der Mittagspause mal ohne Probleme und ohne Sauerei eine Ladung Spätzle weghobeln kann. Solange ich Spätzle vor mir auf dem Teller habe, kannst du mich nennen, wie du willst.
Bevor mir nun ein selbsternannter Spätzle-Experte an den Karren fährt: Genaugenommen geht es heute um Knöpfle, die offizielle Bezeichnung der kurzen, eher knubbeligen Form, die ganz klassisch die Basis der Allgäuer Kässpätzle darstellt. Laut EU-Verordnung – denn ja, der Begriff „Schwäbische Spätzle“ ist seit 2012 ein geschützter Begriff, wir sprechen also quasi vom schwäbischen Champagner – dürfen die Begriffe allerdings auch offiziell untereinander ausgetauscht werden und diese Freiheit nehme ich mir gerne. Ich diskutiere also nicht, das hier sind Spätzle formerly known as Knöpfle!
Und für diese verrühren wir Weizen- oder Dinkelmehl und Hartweizengrieß für einen etwas kernigeren Biss zusammen mit Salz, Kala Namak für ein bisschen „luxuriösen“ Ei-Geschmack, einer wirklich kleinen Prise Kurkuma für die appetitliche, goldgelbe Farbe, Soja- oder Hafermilch und Wasser zu einem zähflüssigen, lavaartigen, eigentlich zu dicken Pfannkuchenteig. Perfekt ist er, wenn er noch gerade so vom Löffel läuft, ohne abzureißen. Ein paar Teelöffel Olivenöl sorgen für eine geschmeidige Konsistenz und damit für ein gleichmäßigeres Ergebnis. Jetzt heißt es „gib ihm“, der Teig sollte so kräftig gerührt werden, dass er Blasen bildet. So wird er lockerer. An dieser Stelle kannst du ihm etwas Zeit zum quellen geben. 20 Minuten reichen, aber unter uns: Er lässt sich auch super sofort verarbeiten.
Jetzt kommt der Spätzleteig in den Trichter des Spätzlehobels und wird durch das Hin- und Herbewegen des Schlittens durch die Löcher in sprudelnd kochendes Wasser gedrückt. Die Spätzle benötigen nur wenige Augenblicke zum Garen, sobald sie an die Oberfläche steigen, nimmst du sie mit einer Schaumkelle heraus und lässt sie gut abtropfen.
Natürlich schmecken unsere veganen Spätzle frisch am besten, du kannst sie aber auch mit etwas Öl vermengen, so kleben sie nicht zusammen, und für ein bis zwei Tage im Kühlschrank lagern oder natürlich einfrieren.
Und jetzt? Was machen wir am liebsten damit? Alles! Wir lieben vegane Spätzle klassisch als Beilage, zum Beispiel zu unserem Seitan-Frikassee, zusammen mit gebratenen Zwiebeln und Weißkraut in einer supereinfachen Spätzlepfanne oder ganz schlicht als Spätzle mit unserer allerbesten veganen Bratensoß‘. Aber unter uns: Spätzle können noch viel mehr. Dreh’ durch! Wirf Pesto mit in den Teig. Oder Chiliflocken für die echte schwäbische all’arrabiata-Variante. Frische, fein gehackte Kräuter gehen ohnehin immer. Wirf sie zusammen mit Gemüse in den Wok oder natürlich zusammen mit veganem Käse in den Ofen. Eines unserer aktuell liebsten Rezepte folgt bald gibt’s jetzt hier: Vegane Kimchi-Spätzle! 🔥
Vegane Spätzle
- 320 g Weizenmehl Type 405 oder Dinkelmehl Type 630
- 80 g Hartweizengrieß
- 2 TL Kala Namak
- 2 TL Salz
- 1 Msp Kurkuma
- 4 TL Olivenöl
- 300 ml Sojamilch oder Hafermilch
- 100 ml Wasser
- Weizenmehl, Hartweizengrieß, Kala Namak, Salz und Kurkuma locker vermischen. Öl, Sojamilch und Wasser dazugeben und mit einem Holzlöffel oder einem Schneebesen kräftig zu einem gleichmäßigen, zähflüssigen Teig schlagen.
- Etwa 2 l Wasser zum Kochen bringen, etwa ¼ vom Teig in den Trichter des Spätzlehobels geben und durch hin- und herbewegen des Schlittens Spätzle ins sprudelnd kochende Wasser pressen.
- Kurz umrühren und mit einer Schaumkelle herausnehmen, sobald die Spätzle oben schwimmen. Dabei gut abtropfen lassen.
- Schritte 2 und 3 mit dem übrigen Teig wiederholen. Die fertigen Spätzle währenddessen warm halten und ab und zu wenden, damit sie nicht aneinanderkleben.
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102 Kommentare
Lieben Dank für das Rezept. Habe die Spätzle nach gekocht und sie waren sehr lecker, allerdings etwas weich. Kann das passieren wenn sie zu lange im Wasser sind? Und lässt sich das Grieß durch Mehl ersetzen?
Liebe Grüße
Lisa Maria
Hallo Lisa Maria,
wenn du sie länger im Wasser oder sie beim Herausnehmen nicht gut genug abtropfen lässt, können sie etwas matschig werden, ja. Deshalb idealerweise relativ fix aus dem Wasser nehmen, sobald sie oben schwimmen. 🙂
Der Grieß sorgt für etwas mehr Biss, grundsätzlich funktioniert das Rezept aber auch ohne. Nur werden sie dann auch weicher.
Liebe Grüße
Jörg
Sehr sehr lecker. Ich würde aber beim nächsten mal nur 2 TL Salz verwenden. War schon sehr salzig. 😉
Meine ersten Knöpfle in Vegan, ja echt…….. 🙂
Da wir keinen Weizen kaufen haben wir nur Dinkel im Haus, somit das Rezept angepasst :
Zu den 80 g Dinkelgrieß (Weichweizen) noch 3 EL zusätzlich + 3 geh. EL Kichererbsenmehl. Vom Kala Namak nur eine gute Messerspitze voll, reicht völlig aus, nach unserem Empfinden. Wir haben nur die Harvest Moon Classic Milch Alternative im Haus und die ist so genial. Sonst nach original Rezept von Euch.
Das Rezept hat genau gepasst, wir haben die fertigen Knöpfle noch bei 100 Grad im Ofen stehen gehabt, weil es mega knusprig gebratene Austernpilze + Kräuterseitlinge dazu gab. Und jetzt kommt der Lacher : Curryketchup…..
Die fertig gebratenen Pilze haben wir auch im Ofen warm gehalten und immer wieder mit Knoblauch-Oliven Öl mit Salz (alles püriert, hatte 3 große Zehen) überträufelt. War wieder mal ein Genuß Dank Eurem tollen Rezept. Wir werden sie wieder machen, weil echt richtig gut.
Danke dafür. <3
Liebe Grüße
Katharina
Curryketchup-Spätzle. Das klingt nach dem ultimativen Guilty-Pleasure-Gericht. So in etwa schwäbische Ketchup-Nudeln. Muss ausprobiert werden! 😅
Liebe Grüße
Jörg
Genau so, Pasta egal ob Italienisch, Asiatisch oder eben Schwäbisch werden bei uns gern mal mit Ketchup gegessen oder mit Pesto wenn man mal tatsächlich keine Lust zum kochen hat, oder der Kühlschrank nicht das Richtige mir zeigt. Besonders kalte, Kühlschrank Nudeln mit Ketchup, yyeahh das rockt. Oder es gibt halt dann Kühlschrank-Aufräum-Gericht , meistens schmeckt es so gut, dass mehr verlangt wird, aber man nicht mehr weiß was man alles so aufgebraucht hat.
Oder mit Knoooooooooblauch-Öl, schmeckt immer.
Wünsch Euch guten Appetit 😉
Ganz liebe Grüße aus dem Münchner Süden
Katharina
Spitze! Die Kinder finden es großartig. Und ich natürlich auch.
Da ich bei anderen Rezepten auch Sojamehl dabei gesehen habe (und das ja dann Eiweißreicher ist, was bei pflanzenbasierter Ernährung ja ziemlich relevant ist). Ich nehme an es wird dann fester, habt ihr da Erfahrungen, oder lasst ihr absichtlich weg? Und wie relevant ist das Öl? Hab es heute vergessen, und war genauso gut.
Hallo Illionas,
nein, wir bereiten unsere Spätzle immer ohne Sojamehl zu. Das „Bisschen“, welches als Ei-Ersatz mit an den Teig könnte, wird sich bei der Proteinversorgung auch nicht so stark niederschlagen (auch das Mehl und der Hartweizengries enthält ja eine nicht unerhebliche Menge Eiweiß). Das Öl macht die Spätzle als Geschmacksträger etwas aromatischer und saftiger, wir haben sie aber auch schon ohne zubereitet.
Liebe Grüße und tausend Dank für das Feedback
Jörg
Hallo,
kann ich als Flüssigkeit auch nur Wasser nehmen?
Viele Grüße aus dem Schwarzwald
Hi Anna,
das haben wir noch nicht probiert, wird aber mit Sicherheit schon funktionieren. Die Pflanzenmilch sorgt hier aber natürlich trotzdem für mehr Geschmack und „Body“. ☺️
Lieben Gruß
Nadine