Stell dir vor, es ist Sonntagmorgen, du bist gerade aufgewacht und irgendwie gaukeln dir deine Synapsen – vermutlich selbst noch im Halbschlaf – den Geruch von frischem Kaffee vor. Und frischem Brot. Vielleicht einem Sauerteig-Mehrkornbrot mit Dinkel und Roggen. Nom, nom, nom.
Ganz schön exakt in der fingierten olfaktorischen Zusammensetzung, diese Synapsen, meinst du? Wart’s ab, was dein Unterbewusstsein am Sonntagmorgen mit dir macht, wenn du unser Rezept gelesen hast. Ich wette mit dir, dass du im schlaftrunkenen Zustand die einzelnen Saaten geradezu heraus riechen kannst. Hypnose 2.0 nennt man das. Ich brenne dir den Brot-Jieper gerade übers Netz direkt in die Hirnrinde. Ich versuch’s zumindest.
Ob du nun bereits angefixt bist oder nicht: Das Schöne an der ganzen Geschichte ist, dass du diesen traumhaften Morgen am Wochenende wahr machen kannst. Und noch dazu extrem simpel. Im Ernst: Ein einfacheres Brot haben wir echt noch nicht gebacken. Sehen wir mal davon ab, man nimmt den Brotbackautomaten zu Hilfe.
Alle Zutaten kommen in die Rührschüssel, werden 10 Minuten geknetet, 5 Minuten geformt und ansonsten bist du nicht mehr gefordert, die übrige Arbeit macht dein bester Freund, der Sauerteig. Schlagen? Falten? So das ganze Brimborium, dass wir bei unserem superluftigen, reinen Dinkel-Sauerteigbrot veranstalten (und das dort auch absolut Sinn ergibt, möchte ich ergänzen)? Kannst du machen, wenn du möchtest, aber notwendig ist’s nicht.
Ein schön aktiver Starter kommt gut auch ohne übertriebene Handarbeit mit den vielen Saaten und dem Roggenvollkornmehl klar. Als Ergebnis bekommst du ein robustes, kräftiges Sauerteig-Mehrkornbrot, das, in schön dicke Scheiben geschnitten, einfach alles abkann. Süße Aufstriche? Harmonieren perfekt mit dem kräftigen Geschmack des Brotes. Herzhafter Seitanaufschnitt mit einer Schöpfkelle Senf obendrauf? Da geht unser Prachtstück mit Körnern absolut mit.
Alles in allem ein ehrliches Brot. Wie vom guten alten Bäcker, den die Oma noch kannte. Ohne Chichi, unprätentiös und definitiv hätte er beide Worte niemals in den Mund genommen. Schon gar nicht, um sein Brot zu beschreiben. Bodenständiger Typ eben.
Was uns zu den Deutschen Innungsbäckern bringt, die das heutige Rezept sponsern und die uns zu unserem Sauerteig-Mehrkornbrot mit Dinkel und Roggen erst inspiriert haben.
Hey, seien wir mal ehrlich: Die eigene Küche kann noch so gut sein, hin und wieder geht man eben auch gerne mal auswärts essen. Wegen des Geschmacks, zur Inspiration, weil’s schlicht gemütlich ist. Genauso verhält es sich doch auch mit Brot, oder?
Kleine Läden mit einer ausgewählten Auswahl an lange gehegten und gepflegten Rezepten. Regionalität und ein gewisser Qualitätsanspruch, weil man eben irgendwie mit dem eigenen Namen hinter dem Betrieb steht: Das gibt’s einfach nicht in Filialen großer Ketten. Dazu muss man in die guten alten Handwerksbetriebe und die erkennt man unter anderem an der Zugehörigkeit zu einer Bäckerinnung. Und diese wiederum am Bäckerwappen, welches passenderweise übrigens eine Brezel ziert. Und zwei Löwen. Ich würde jetzt gerne behaupten, dass die sich um die Brezel streiten (ich würd’s tun), tatsächlich führt die Darstellung allerdings auf das 15. Jahrhundert und die Belagerung Wiens zurück. Die Bäcker haben da wohl „wie die Löwen“ gekämpft. Guter alter Machismo, aber schick ist’s trotzdem.
Unter diesem Wappen haben sich über 7.200 Betriebe zusammengeschlossen. Also „echte Bäcker“, die nicht nur Brotrohlinge in den Ofen schubsen, sondern auch noch selbst Hand angelegt haben und davon auch etwas verstehen.
Da allerdings auch die Deutschen Innungsbäcker die Konkurrenz der Backautomaten und Tankstellenbäckereien zu spüren bekommen, wird ein bisschen frischen Wind in die Bude gebracht und das Image aufpoliert. Innovatives Backhandwerk kann auch im Laden um die Ecke passieren. Oder auf Youtube. In den Brotschaften, kleinen Clips zu Spezialitäten der Innungsbäcker.
Besonders gut gefallen hat uns dabei die Vorstellung des Urgroßvater-Johann-Brotes der Bäckerei Johann Mayer OHG. Ein Schwabe wandert nach Berlin aus (damals, also 1912, waren wir dort als „Einwanderer“ wohl noch etwas beliebter), macht dort seine Bäckerei auf und sich selbst mit seinem kräftigen Brot einen Namen.
Blöderweise ging das Rezept dann irgendwann mal flöten, fiel jedoch jüngst dem Juniorchef in die Hände und seither gibt es das Kraft-Ballast-Brot mit regionalen Zutaten aus Brandenburg und Umgebung wieder in den Filialen
Das Originalrezept wird natürlich nicht herausgerückt. Inspiriert hat die Story trotzdem und unser Mehrkornlaib schmeckt ebenfalls fantastisch. Versprochen.
In unser Brot kommen Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Kürbiskerne und Mohn, dazu aromatisches Dinkelmehl und kräftiges Roggenvollkornmehl. Sonst? Nur noch Wasser und Salz.
Das Ganze wird kräftig geknetet, kommt über Nacht in den Kühlschrank und wird am Tag darauf gebacken. Und weil das Brot am nächsten Tag ohnehin immer besser schmeckt, kannst du dir die wenige Arbeit am Samstag machen und wachst am Sonntag nicht nur mit dem von den Synapsen vorgegaukelten Brotduft in der Nase auf, sondern mit dem deines eigenen Brotes. Hey, die meisten Bäckereien haben sonntags ohnehin nicht offen.
Sauerteig-Mehrkornbrot mit Dinkel und Roggen
- 450 g Dinkelmehl Type 630 Type 630
- 50 g Roggenvollkornmehl
- 40 g Sonnenblumenkerne
- 30 g Leinsamen
- 20 g Kürbiskerne
- 20 g Mohn
- 10 g Salz
- 335 ml Wasser
- 150 g Sauerteig-Starter
- Mehl, Kerne und Salz gut miteinander vermengen.450 g Dinkelmehl Type 630, 50 g Roggenvollkornmehl, 40 g Sonnenblumenkerne, 30 g Leinsamen, 20 g Kürbiskerne, 20 g Mohn, 10 g Salz
- Sauerteig-Starter in 335 ml Wasser auflösen und zum Mehl geben. 10 Minuten mit den Händen oder in der Küchenmaschine gut durchkneten. Abgedeckt an einem warmen Ort 3 Stunden gehen lassen.335 ml Wasser, 150 g Sauerteig-Starter
- Teig aus der Schüssel nehmen und auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche von allen Seiten vorsichtig, aber straff nach innen falten, umdrehen und rund formen. Dabei darauf achten, dass die Oberfläche schön gespannt und gleichmäßig geformt ist.
- Teig mit dem Schluss nach oben in einen gut bemehlten Gärkorb oder in eine mit einem bemehlten Tuch ausgeschlagene Schüssel geben und im Kühlschrank 12 Stunden reifen lassen. Etwa 1 Stunde vor dem Backen aus dem Kühlschrank nehmen und auf Zimmertemperatur kommen lassen.
- Backofen auf 240 °C Ober-/Unterhitze mit Gusseisentopf vorheizen.
- Laib mit dem Schluss nach unten in den Topf stürzen, mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge an der Oberfläche mehrfach einschneiden, leicht mit Wasser besprühen und mit Deckel 25 Minuten backen.
- Deckel abnehmen und weitere 20 Minuten fertig backen. Vor dem Anschneiden komplett auskühlen lassen.
Tipps
Falls ich dir nun Lust aufs Brotbacken gemacht habe, du aber noch absolut keinen blassen Dunst vom Sauerteig hast, dann lies’ dir hier unser großes Sauerteig-Special durch.
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Werbung! Dieser Beitrag wurde von Deutsche Innungsbäcker unterstützt. Gesponserte Beiträge helfen uns dabei, regelmäßig neue Rezepte für unsere Leser zu kreieren, Inhalte spiegeln aber immer unsere eigene Meinung wider. Danke, und Danke, dass du Produkte und Marken unterstützt, die Eat this! supporten.
153 Kommentare
Hallo, vielen Dank für das Rezept.
Eine Frage habe ich, bevor ich das Rezept probiere: Ich würde einen emaillierten Bräter zum Backen nutzen. Kann ich den Teig einfach so dort reinstürzen oder sollte ich ihn besser mit Backpapier auskleiden?
Hallo Hella,
du kannst den Teig grundsätzlich direkt in den Bräter stürzen. Helle Emaille verfärbt sich zwangsläufig beim mehrmaligen Backen etwas (das geht aber mit Soda auch wieder weg) – wenn du das vermeiden möchtest, kannst du etwas Backpapier als Trennschicht verwenden.
Liebe Grüße
Jörg
Hallo Ihr Beiden ,
habe das Brot gebacken und bin sehr begeistert…es schmeckt super. Ich habe es allerdings nach dem gehen im Kühlschrank noch ein bisschen in der Küche gehen lassen weil ich das Gefühl hatte das sich im Kühlschrank nicht viel getan hat….benutzt ihr ganzen oder geschroteten Leinsamen?
Vielen lieben Dank für das schöne Rezept.
Hallo Alex,
danke dir für das tolle Feedback. Der Teig kann auch etwas vor dem Backen aus dem Kühlschrank genommen und auf Raumtemperatur gebracht werden (habe das eben angepasst). Wir haben ganze Leinsamen verwendet.
Liebe Grüße
Jörg
Erstmal ein großes Lob für eure tolle Seite. Dank euch und eurer guten Beschreibung hab ich endlich einen Sauerteig hinbekommen, der noch sehr jung, aber schon recht aktiv ist. Ich habe ihn Erwin getauft.
Auch dieses Brot ist sehr gut gelungen und schmeckt richtig gut. Vielen Dank für das Teilen eurer Rezepte und ganz liebe Grüße
Agnes
Super, das freut uns. Danke dir für die Rückmeldung
Grüße – auch an Erwin
Jörg
Das ist wirklich ein sehr schmackhaftes Brot. Ich habe allerdings eine Körner-Fertigmischung genommen(war gerade griffbereit). Das Brot ist nicht ganz aufgegangen, habe es dann nochmal 2 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dann wars perfekt. Danke für das Rezept.
Freut uns sehr, Hubert! Ganz lieben Dank fürs Feedback. 🙂
Liebe Grüße
Nadine
Hallo ihr zwei, heute nach viel Experimentieren mit komplizierteren Rezepten mit Koch-, Brüh- und Quellstücken, dehnen, falten etc. (puuuuhhh…) aus Zeitgründen mal wieder auf euer super einfaches Sauerteigbrot zurück gekommen. Und was soll ich sagen? So einfach – und so spitze! Es ist 1A aufgegangen, hat eine tolle Kruste und geschmacklich… Top! Habe (neben dem Roggen-) Dinkelvollkornmehl, Dinkelmehl 1050 und dann halt etwas mehr Wasser verwendet, funktioniert super! Und da dazu auch mal Rückfragen kamen: Bei mir stand es (auch aus Zeitgründen, man hat manchmal ja noch was anderes zu tun als 24/7 das Brot im Entstehen zu betüdeln… 😉 ) gut 17h im Kühlschrank. Danke für eure tollen Rezepte! Annika
Hi Annika,
ganz lieben Dank für das tolle Feedback. Freut uns wirklich riesig, dass das Brot so gut funktioniert hat.
Liebe Grüße
Jörg