Ich krieg’ die Klimakrise

Die Ära der zerstörerischen Wirtschaftspolitik ist vorbei. Höchste Zeit für radikales Umdenken, Utopien, Mut und Hoffnung, um der Klimakrise zu trotzen. 🌏

Ich schreibe ja wirklich lieber über Essen, über Zutaten und Rezepte, aber diesen Beitrag will ich gefühlt nun schon eine Ewigkeit raushauen. Und ich gebe zu, ich habe mich auch ein bisschen davor gedrückt. Ich habe mehrmals angefangen und dann kam doch wieder irgendetwas „Wichtigeres“ dazwischen.

Tja, wichtig. Was genau ist denn gerade wirklich wichtig. Was zum Beispiel könnte denn jetzt höhere Priorität haben als sich brennend für unser aller Schicksal zu interessieren und einzusetzen? Quasi sofort alles stehen und liegen zu lassen und zumindest irgendwie Flagge bei den #FridaysForFuture oder anderen Klima-Demos zu zeigen, dass einem die Situation verdammt noch mal sehr wichtig ist und uns alle etwas angeht, denn wie heißt es denn momentan überall so schön:

There’s no Planet B

Die Demos werden aber immer noch hauptsächlich von Schülern und Jugendlichen getragen, die Zeit und Kraft aufwenden, um auf die Katastrophe, auf die wir alle ziemlich sicher  zusteuern, aufmerksam zu machen. Und ja, so schlimm es klingen mag, ich beneide heutzutage niemanden, der jünger als Mitte zwanzig ist. Diese nachfolgenden Generationen werden es sein, die diese gigantischen Ökoschulden bezahlen müssen.

Kann das wirklich alles sein?

WO SIND DIE #PARENTSFORFUTURE?

Ja, auch ihr liebe Generation X und Y seid gemeint. Und natürlich auch ihr Babyboomer! Habt ihr vielleicht selber Kinder oder gar Enkel? Wie könnt ihr dann nicht auf der Straße sein und Rabatz machen?

Denn für diese armen Menschen – also auch uns – wird sonst in ein paar Jahren nicht mehr viel Schönes übrig bleiben. Wer möchte sich denn sein Kind oder Enkelkind schon in einem Zukunftsszenario mit Krieg, Umweltkatastrophen, Hunger, Krankheiten, Hitze und massiven Flüchtlingsströmen – was übrigens für eine stetig wachsende Anzahl der Weltbevölkerung schon heute bittere Realität ist – vorstellen?

Ja, ich höre den ein oder anderen spätestens jetzt schon frotzeln. Mensch, wo’s doch grad so schön ist mit dem neuen Auto und der nächsten gebuchten Flugreise. Tja, so lange das nur andere Teile der Welt und andere Menschen –  Hauptsache nicht die eigene Familie – betrifft, kann man das wohl noch getrost mit der Vogelstrauß-Methode verdrängen und insgeheim darauf hoffen, dass irgendwelche Anderen das Kind schon schaukeln werden.

Ich bin heute auch nicht hier, um nach Meinungen zu fragen. Heute gibt’s ganz ungeschönt mein derzeitiges persönliches Empfinden. Klar erhoffe ich mir damit auch ein bisschen unbequem zu sein und im besten Fall zum Nachdenken und Reflektieren anzuregen. Um den heißen Brei reden ständig schon die anderen.

Verstehe mich bitte nicht falsch. Auch Jörg und ich machen Fehler und sind alles andere als perfekt. Das würde voraussetzen, dass die Rahmenbedingungen für unser Handeln andere wären. Der alltägliche Wahnsinn von Überproduktion auf der einen Seite, und Unterversorgung auf der anderen, der nach und nach zur Normalität geworden ist, muss aufhören. Und zwar besser heute als morgen. Eigentlich am besten gestern.

Weitere Erläuterungen über das alles diktierende, kapitalistische Wirtschaftssystem würden jetzt hier leider einfach zu weit führen und das Feld überlasse ich lieber anderen. 

Ich kann hier ja auch keine wissenschaftliche Abhandlung schreiben und du wirst auch vermutlich kein neues Wissen aus meinem Beitrag schöpfen können. Nichts, was nicht schon tausendfach irgendwo geschrieben worden ist. Und doch kann man das Thema wohl kaum oft genug erwähnen, denn viele befinden sich immer noch im absoluten Tiefschlaf. In ihrer „Nichts Sehen, nichts Hören, nichts Sagen”-Sicherheitsblase mit Autopilot ins Chaos. Gruselig.

Um beim derzeitigen Weltgeschehen konstruktiv mitreden zu können, ist es einfach wichtig, bestimmte Hintergründe und geschichtliche Entwicklungen zu kennen und zu verstehen, um die vielen Puzzleteile zu einem Ganzen fügen zu können.

Doch die Essenz, der Ernst der Lage, ist doch eigentlich für jeden normal und logisch denkenden Menschen, sehr einfach zu verstehen. Hoffe ich jedenfalls.

IST ES SCHON ZU SPÄT?

Ich habe es zumindest mehr als einmal gelesen. Und nicht wenige Wissenschaftler streiten sich darüber. Aber alle Experten sind sich zumindest einig: Es sieht verdammt scheiße aus.

Professor Jem Bendell, Nachhaltigkeitsforscher an der Universität in Cumbria,  ist sich dagegen so gut wie sicher, dass wir uns alle in nicht allzu langer Zeit auf massive Veränderungen unseres gewohnten Lebens einstellen müssen. Das hat er in seinem Aufsatz Deep Adaption verdeutlicht. Na klar, ich finde das mehr als beunruhigend und wer das bisher nicht tut, sollte noch mal genau überdenken und recherchieren warum denn eigentlich.

Was spricht denn dagegen? Vielleicht zum Beispiel die ultraheißen Sommer , das Artensterben, die schlechter werdenden Ernten, die dahinschmelzende Arktis oder das ganze Plastik im Meer?

Zumal die Politik leider keinerlei Anstalten macht irgendwelche Notfall-Maßnahmen zu ergreifen. 1,5 Grad. Mehr darf sich die Erde nicht mehr erwärmen. Und wir sind so was von kurz davor.

Bei mir hat es (erst!!!) Anfang des Jahres noch mal so richtig, richtig Klick gemacht und einen Schalter umgelegt. Aber mit Volldampf voraus! Bisher war meine vegane Ernährung und mein veganer Lifestyle mein politisches Statement, aber das reicht bei Weitem nicht!

Den Mund zu halten und das Thema totzuschweigen oder auszusitzen oder schlichtweg zu leugnen – die gängige Methode vieler Menschen Probleme zu beseitigen – führt hier straight to hell.

Ich habe viel gelesen, recherchiert und bin zugegebenermaßen ein paar Wochen in eine Art „Loch” gefallen und war deprimiert. Das Ganze hat sich selbst auf meine Arbeit, Lebenslust und letztendlich das ganze Sozialleben ausgewirkt. “Eco-anxiety” (Öko-Angst) nennt man das, habe ich mir sagen lassen.

Ich habe mit Jörg, Freunden und Familie mehr als einmal über das Thema „Klimawandel und Zukunft“ diskutiert. Oft sehr hitzig und manchmal ist es auch in Streit ausgeartet. Ich habe gemerkt, dass noch lange nicht jeder dort angekommen ist, wo sich schon einige andere – unter anderem auch ich – befinden. Nämlich in der Zukunft.

Viele verharren lieber in ihrem altgewohnten Status quo.  Tun so, als wäre alles nicht so schlimm und haben Angst vor Veränderungen. Und in gewisser Weise kann ich es sogar ein bisschen nachvollziehen. Aber eben nur ein bisschen. Der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier.

Natürlich gibt es auch berechtigte Sorgen, was eine sozialgerechte Umgestaltung unserer Welt angeht, welche unbedingt beachtet werden müssen, damit wir auch wirklich alle mit ins Boot holen! Doch sind es jetzt bereits die Ärmsten, die unter den Konsequenzen der Politik industrialisierter Länder zu leiden haben. Ohne Wandel sieht es also für uns alle düster aus.

Wäre der Ressourcenverbrauch der Weltbevölkerung so groß wie in Deutschland, dann müssten mindestens drei Planeten zur Verfügung stehen, um ihn nachhaltig zu decken.

Wer die Nachrichten verfolgt, weiß dass Deutschland dieses Jahr bereits seit dem 03. Mai ökologisch auf Pump lebt. Dank einer Politik, die Profite so ziemlich über alles stellt und sich daher nicht um nachhaltiges Wirtschaften scheren kann. Aber auch dank einer Mentalität, die diese Wirtschaft nicht genug kritisiert und fast fraglos konsumiert.

Statistisch gesehen gehört die Bundesrepublik übrigens zu den Spitzenreitern der ökologischen Riesen-Fußabdrücke und belegt aktuell weltweit Platz 8.

SOLL’S DAS WIRKLICH GEWESEN SEIN?

Produzieren, Konsumieren, Wegschmeißen und Zerstören? Mich ekelt das einfach nur an. Die Wut über dieses Verhalten steigt bei mir täglich. Und auch die Angst vor den Konsequenzen.

Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, dass es nicht insgeheim so vielen anderen Menschen genauso geht. Ich denke es liegt auch häufig an der Ohnmacht, Hilflosigkeit und Überforderung, dass man sich nicht traut, laut zu werden.

Der „normale“ Mensch ist der heutigen Gesellschaft nur deshalb so gut angepasst, weil er sein Selbst aufgegeben hat, um so zu werden, wie man es von ihm erwartet. – Erich Fromm

ACT NOW!

Wenn mir Leute dann darauf immer nur jovial die liebste und heilige Wirtschaftspredigt halten, werde ich so richtig ungeduldig. Profit, Profit, Profit. Ich kann es nicht mehr hören!

Innerhalb von wenigen Jahrzehnten hat diese Art des Wirtschaftens es geschafft, den Planeten so zu zerstören, was unsere Gattung Homo sapiens seit 200.000 Jahren nicht geschafft hat. Glückwunsch. Applaus, Applaus! Und das soll der Gipfel der Entwicklung sein? Beschämend.

Wir müssen wieder hin zu einer sinnvollen Produktion für die Bedürfnisbefriedigung der Menschen, statt für den Profit für einige wenige. Hin zu einer Gesellschaft, die sich über „sein-orientiertes“ anstelle von „besitz-orientiertem“ Haben definiert.

Die unglaublichen Zahlen der Lebensmittelvernichtung, Altkleider- und Müllberge allein in Deutschland sorgen bei mir jedes Mal, wenn ich darüber etwas lese, fürs kalte Grausen:

Weltweit geht jährlich etwa ein Drittel der Lebensmittel auf dem Weg vom Feld bis zum Teller verloren, während gleichzeitig etwa 800 Millionen Menschen unter Hunger leiden. Und: Die Verschwendung belastet die Umwelt. Jährlich entstehen dadurch mehr als 38 Millionen Tonnen Treibhausgase, gut 43.000 Quadratkilometer landwirtschaftlicher Fläche werden genutzt sowie 216 Millionen Kubikmeter Wasser verbraucht. Für jedes Nahrungsmittel verbrauchen wir zudem Energie bei Herstellung und Transport und verwenden Pflanzenschutzmittel, Mineral- und Wirtschaftsdünger, die die Umwelt belasten.

Obwohl niemand gerne Essen verschwendet, wird in deutschen Haushalten jedes achte Lebensmittel weggeworfen. So landen in den Mülltonnen der Privathaushalte 6,7 Millionen Tonnen. Pro Person sind das zwei vollgepackte Einkaufswagen mit einem Warenwert von 234 Euro: etwa 82 Kilogramm. Im Außer-Haus-Verzehr entstehen ca. 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle, im Handel ca. 550.000 Tonnen, in der Industrie 1,85 Millionen Tonnen. Verluste in der Landwirtschaft sind dabei noch nicht berücksichtigt. (Quelle: Auszug aus dem Umweltbundesamt)

WAS TUN?

Trübsal zu blasen macht mir weder Spaß, noch bringt es uns irgendwie vorwärts. Und auch wenn die Neigung zu Pessimismus ganz deutlich in meiner Familie liegt, gehöre ich eigentlich nicht zu den großen Anhängern.

Ich bin definitiv für Lösungen! Und Optimismus, auch wenn es manchmal schwerfällt, inmitten der ganzen geballten Ignoranz. Natürlich habe auch ich (leider, leider) nicht die sofortigen Lösungen für alles parat. Ganz wie Greta Thunberg es mehrfach betont hat.

Und auch wenn ich keine Hoffnung darauf setze, dass sich Entscheidungsträger und Verantwortliche endlich einmal dazu bequemen, Notfallmaßnahmen einzuleiten, glaube ich, dass die derzeitigen Proteste und entstehenden Graswurzelbewegungen viel Potenzial haben.

Es geht doch, wie beim Veganismus auch, bei vielen Dingen nicht um Verzicht. Jeder hat immer eine Heidenangst davor, dass ihm irgendetwas weggenommen wird. Sei es das Auto, das Schnitzel oder das fünfzigste Sneaker-Paar. Aber was stattdessen dazugewonnen oder im Austausch erhalten wird, darüber wird einfach nicht nachgedacht.

Wie oft haben wir in den letzten Jahren Nachrichten von Leuten bekommen, die dank der für sie richtigen veganen Rezepte auf einen rein pflanzlichen Lifestyle umgestellt haben und damit nun glücklicher und zufriedener sind als jemals zuvor. Wir könnten ganze Listen vorlesen! Und das ist auch genau das, was uns tagtäglich antreibt und mit Eat this! weitermachen lässt.

Genauso geht es mir zum Beispiel auch mit der Umstellung hin zu (so weit wie möglich) plastikfreiem Einkaufen oder unserem plastikfreien Badezimmer. Man braucht wirklich so viel weniger, als man denkt und nicht, wie die omnipräsente Werbung einem 24/7 suggeriert.

Und vieles ist so viel einfacher, günstiger, qualitativ hochwertiger und –  ja, hier spricht eine Ästhetin – auch noch schöner als die Dinge, die ich oft jahrelang vorher genutzt habe. Wer kennt ihn nicht, den mal mehr oder weniger gut sortierten Wust aus Pröbchen (vegane Naturkosmetik hin oder her), verschiedenen Shampooflaschen oder Bodylotions. Ich könnte mir manchmal heute noch an den Kopf fassen.

Aber man hat es ja leider nicht anders gelernt, ist vieles so gewohnt und hat manchmal schlichtweg keine Zeit groß darüber nachzudenken. Und deshalb ist es eben so wichtig, Freunde und Familie mit ins Boot zu holen und alte Gewohnheiten zu durchbrechen und abzuschaffen und Neues zu entdecken. 

“NACH MIR DIE SINTFLUT” IST VORBEI

Wir haben echt nicht mehr viel Spielraum, das Wasser steht uns bis zum Hals. Damit etwas geschieht, solltest auch du und alle die du motivieren kannst auf die Straßen gehen, dich organisieren und für deine und unser aller Zukunft demonstrieren. Wir haben uns sehr gefreut, dass am 20.09. so viele Menschen hier in Ulm und deutschlandweit gemeinsam auf der Straße waren!

Trotzdem ist das Klimapaket der derzeitigen Bundesregierung mit Pauken und Trompeten gescheitert. 

Sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Ressourcennutzung agiert die Bundesregierung, als ob es kein Morgen gäbe. – Kira Heinemann, Vorstand der BUNDjugend

Die Zeit der heutigen, egoistischen Ellenbogen-Wirtschaftspolitik, getreu dem Motto “Nach mir die Sintflut” ist mal so was von vorbei. Höchste Zeit für radikales Umdenken! Für Utopien! Für Mut! Für Hoffnung! Und vor allem für Gemeinschaft!

Vielfach stellen unser derzeitiges soziales und ökologisches Engagement eher eine Art Abbitte für unsere kollektiven Sünden dar, als dass Mensch und Natur mit dem versorgt würden, was sie wirklich bräuchten. – David Holmgren

So abgenutzt der Slogan auch klingen mag: Nur zusammen sind wir stark und können etwas für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft in Bewegung setzen. Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Krise auch eine Chance zu einem großen Systemwandel sein kann. 

Aber wir müssen jetzt gemeinsam handeln. Jetzt zusammen auf die Straße gehen. Bevor es für immer zu spät ist.

Bist du dabei? Was sind deine Gedanken und Gefühle zur Krise? 

#AllefürsKlima 🌏🌳🔥

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Seit 2005 aus ethischen Gründen glücklich vegan. Ist dem Backen von gutem Sauerteigbrot verfallen, würde für Kartoffeln ihr letztes Hemd geben und wird deshalb auch Mrs. Potato Head genannt. Träumt außerdem vom eigenen Permakulturgarten mit den Bremer Stadtmusikanten.


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  1. Ich empfinde das genauso und fühle mich häufig hilflos, wenn ich sehe, wie viele Leute auf völlig unnötige Weise das Klima schädigen.
    Aber mit Eurem Blog habt Ihr meiner Meinung nach eine gute Möglichkeit, den Leuten ganz nebenbei ein paar Zero Waste-Gewohnheiten für die Küche nahezubringen, ganz undogmatisch. Bei den Würsten (waren es die Weißwürste?) seid Ihr ja inzwischen auch auf eine Stoffumhüllung umgestiegen.
    Wenn Ihr an verschiedenen Stellen ältere Rezepten auf eine Zero Waste-Beschreibung umstellen würdet, dann würden sich bestimmt viele ohne darüber nachzudenken daran halten. Zum Beispiel fällt mir bei Röstgemüse im Backofen auf, dass Ihr da immer schreibt, man solle Backpapier verwenden. Wenn das Blech aus Alu ist, dann ist das sicher sinnvoll. Aber bei den meisten Blechen ist das für Gemüse mit Öl m.E. überhaupt nicht nötig.
    LG
    Juke

    1. Hi Juke,

      also rückwirkend wäre das recht aufwändig, da stecken wir die Zeit lieber in neue Inhalte. Aber wir möchten in Zukunft definitiv mehr Tipps für die Abfallvermeidung ins Blog einflechten. 🙂

      Liebe Grüße
      Jörg

  2. Ich hab doch glatt noch ein paar Negativbeispiele vergessen: so das moderne Superfood wie Chia oder Avocado etc., deren Anbau und Transport zu uns nicht wirklich als klimafreundlich durchgehen, die Tonnen an Plastikmüll z.Bsp durch Babywindeln, die Digitalisierung mit all den, vor allem von jungen Menschen heißgeliebten Gadgets … Das kann man den Boomern nur schwer zur Last legen – die nahmen Leinsamen statt Chia, Mullwindeln statt Plastik und haben ohne Handy und Internet überlebt. Versteht mich nicht falsch – die Zeit kann und soll man nicht zurückdrehen, aber der eigene Anteil an der Klimakrise sollte nicht vergessen werden.

    Habt trotzdem einen schönen 3. Advent

    1. Hallo liebe Evelin,

      erstmal vielen lieben Dank für die lieben Worte. Die freuen uns natürlich.

      Ich gebe dir bei dem Punkt recht, dass auch wir das öffentliche Kundtun unserer Meinung zur Klimakrise jetzt nicht wirklich als wahnsinnig mutig empfinden. Für uns ist es einfach notwendig, schlichtweg ein Bedürfnis, Klartext zu reden.

      Allerdings sahen wir uns auch – vor allem auf Facebook – großer Kritik von kleineren und größeren „Wutbürgern“ ausgesetzt, von denen wir nicht den leisesten Schimmer hatten, dass wir sie zu unserem Publikum zählen müssen.

      Zu deinen Worten zur Fridays-for-Future-Bewegung:

      Du malst da ein Bild, das (nicht nur) wir so keinesfalls bestätigen können. Auf Fridays-for-Future-Demos sieht man in der Regel keine Coffee-to-go-Becher oder ähnliche, eher so weniger nachhaltige Verhaltensweisen. Vielfach äußern sich Demonstrationsteilnehmer zu den neuen, klimafreundlicheren Gedanken, die sie durch diese Demos gelernt haben, zu den angesprochenen Auslandssemestern oder einfachen, völlig persönlich gewünschten Reisen, die nun doch nochmal überdacht werden, zu Primark-Krempel etc. Elterntaxis sind ja hier und da auch gar nicht vermeidbar, ob das jetzt an den Helikopter-Eltern oder an anderen Umständen liegt.

      Selbstverständlich gibt es auch höchst opportunistische Bratzen, die sich nur um den freien Tag und um den neuen großen Pickel auf der Nase scheren, der einfach nicht weggehen will, aber ganz ehrlich: Alle Teilnehmer über einen Kamm zu scheren ist einfach falsch und klingt halt sowas von nach pauschalisierender, aber verkaufsfördernder, Skandal-Boulevardpresse-Headline. Nebenbei: Der Opportunismus ist bei weitem keine neue Erfindung.

      Und hey, ein Streik ist kein Streik, wenn die – von wem auch immer – geforderte Arbeit nachgeholt wird. Das führt doch das ganze Prinzip _ad absurdum_. Sozialdemokraten-Boomer jubeln, wenn die Gewerkschaften aus weitaus egoistischeren Gründen auf die Straße gehen, aber die Rotzlöffel sollen Samstags die Schule nachholen, weil sie der regierenden, konservativen Politik in die lobby-gesponserte Kaffeetasse spucken? Das passt sowas von nicht zusammen.

      Natürlich hast du auch recht damit, dass Chiasamen und Avocados für sich genommen jetzt nicht die nachhaltigsten Produkte sind, die wir uns hier in den Einkaufwagen legen können. Du sagst aber selbst von dir, dass du weder vegan, noch (vollkommen) vegetarisch lebst und es ist nunmal so: Der Schritt zu einem rein pflanzlichen Lebensstil ist eine der wichtigsten, wenn nicht **die** wichtigste Stellschrauben am eigenen ökologischen Fußabdruck.

      Und nein, das teuer gekaufte Bio-Fleisch von „glücklichen Kühen“ vom Metzger um die Ecke und der Almkäse sind kein klimafreundlicher Freifahrschein in dieser Diskussion. Abgesehen davon macht es ja auch die Menge an Chia und Avocados, die schlussendlich ausschlaggebend sind. Und diese ist bei den aller-allerwenigsten Konsumenten wirklich problematisch … oder vergleichbar mit den erwähnten tierischen Produkten.

      Und auch nicht allein auf Millenials und die nachfolgenden Generationen begrenzt. An den Supermarktkassen werden nicht magisch Leinsamen an die älteren Personen ausgegeben und alle jüngeren bekommen Chiasamen. Und deine erwähnten Gadgets sind – wollte man den Vergleich überhaupt ziehen – den hochgezüchteten SUVs der Boomer-Generation beim Klima-Impact immer noch unterlegen … und dabei weitaus produktiver und kreativer zu benutzen. Dir dürfte auch klar sein: Das eine schließt das andere nicht aus. Eine nagelneue, protzige, schwarze Mercedes G-Klasse (steht wohl immer noch für _Gangsta_, allerdings sitzen jetzt meistens eher mittelalte Personen beider Geschlechter drin) sieht man selten mit einem Nokia 3310 auf dem Armaturenbrett.

      Abgesehen davon: Nadine und ich wurden sicherlich zu Hosenscheißer-Zeiten nicht in Mullwindeln gepackt und wir schrammen eher so an der Millenial-Grenze, also auch hier geht der Ball wieder an die Vorgänger-Generation.

      Tausend Dank auf jeden Fall für deinen Kommentar und ich hoffe, dass der ein oder andere Gedankengang auch in dein Bild über die aktuelle Situation übergeht. Und dich vielleicht dazu bewegt, mit deinen Schülern so ein bisschen tiefgreifender über die momentane Politik zu diskutieren. Darüber, dass niemand einfach machtlos ist, dass Kleinigkeiten im Alltag natürlich veränderbar, aber nicht das Ende des Engagements sein sollten. Aber auch, dass ein Schritt nach Rechts ein Schritt näher an den Abgrund ist.

      Und lass sie nicht im Glauben, dass ein nachgeholter Unterricht am Samstag positiver für ihre Zukunft sein könnte, als auf die Straße zu gehen. Du möchtest doch keine blinden Schafe erziehen, oder?

      Liebe Grüße
      Jörg